R I W E R – Blog eines Seniors

17. Juni 2008

Beipackzettel

Mein Verhältnis zu Ärzten ist zwiespältig. Auf der einen Seite kann man auf sie nicht verzichten, auf der anderen Seite spreche ich vielen ihre Qualifikation ab, weil sie mehr das Geldverdienen im Kopf haben, als ihrem hippokratischen Eid zu folgen, auch wenn dieser nicht mehr gefordert wird. Andere wiederum haben zu dem, was sie auf der Universität und im Praktikum gelernt haben, nichts dazu gelernt. Wie zum Hohn wurde meine Ansicht noch untermauert durch einen Fall, der sich in meiner eigenen Familie zugetragen hat.
Seit ein paar Monaten bekommt mein Familienmitglied zwei Präparate: Enalapril-corax gegen Bluthochdruck und Cymbalta, ein schmerzlinderndes Mittel und Antidepressivum. Der Beipackzettel wurde zwar bei der Ersteinnahme der Mittel kurz überflogen, ansonsten wurde auf die Verordnung des Arztes vertraut. Die Mittelchen taten ihre Wirkung und alles schien gut zu sein.
Vor acht Monaten bekam nun mein Verwandter quasi über Nacht das erste Mal eine enorme Reizung der Bronchien, was mit heftigen Hustenanfällen begleitet wurde. Diese Hustenanfälle kamen tief aus der Lunge und traten im Extremfall zwei bis dreimal in der Minute auf. Dies ging über fast vier Wochen. Der konsultierte Arzt verschrieb Hustenmittel und Beruhigungsmittel.
Nicht nur der Patient wurde durch diese heftigen Hustenanfälle physisch überaus in Mitleidenschaft gezogen, dieses „Bellen“ hatte auch negative Auswirkungen auf das Zusammenleben der übrige Familie. Man hatte Mitleid mit der Person, konnte sich aber auch dem ständigen Husten nicht entziehen und man wartete selbst voller Beklemmung auf die nächste Attacke.
Acht Monate hatten wir Ruhe. Die neueste Reizung der Bronchien begann vor 14 Tagen. Da der Arzt schon beim letzten Mal keine Linderung erzielen konnte, ging unser Patient jetzt direkt zur Apotheke und fragte nach einem starken Hustenmittel. Der gewissenhafte Apotheker fragte nach den Beschwerden und welche Medikamente eingenommen würden. Bei der Nennung der oben erwähnten Mittel fragte er, ob denn der Hausarzt nicht auf die Nebenwirkungen der Medikamente hingewiesen habe. Das musste verneint werden und der Apotheker riet, den Arzt darauf hin zu weisen.
Zu den Nebenwirkungen bei Enalapril-corax heißt es: „Atemwege: Häufig können trockener Reizhusten, Halsschmerzen, Heiserkeit und Entzündungen der größeren Luftwege (Bronchitis), gelegentlich Atemnot, Entzündung der Nebennasenhöhlen …. auftreten.“ Und bei Cymbalta heißt es: „Entzündliche Erkrankungen: Halsentzündung.
Der Hausarzt wurde von dem Patient auf die Nebenwirkungen, die der Beipackzettel beschrieb, hingewiesen. Natürlich konnte er seine Fehleinschätzung nicht offen zugeben und empfahl der Patientin Enalapril-corax erst einmal ganz abzusetzen und Cymbalta alle zwei Tage zu nehmen. Hinzu kam die Verschreibung eines Antibiotikums. Tatsächlich lassen die Beschwerden nach. Warum ist man (Arzt) nicht früher darauf gekommen?

Sicher, man ist für sich selbst verantwortlich, aber hätte der Arzt in diesem Fall nicht Bescheid wissen müssen, hätte er sich nicht selber über die Nebenwirkungen der Medikamente Kenntnis verschaffen müssen? Mein Familienmitglied ist jedenfalls geneigt, den Hausarzt zu wechseln. Der Arzt meines Vertrauens sollte gewissenhaft sein, eine Mindestanforderung, die man einfach erwarten kann.

Technorati-Tags: , , , , , , , , , , , ,

Bloggen auf WordPress.com.